Sonntag, 22. April 2018

Protest! Bewegung?

Wiederkehrende Demonstrationen gegen die MONTAGSSPIELE haben die Saison geprägt. Auswirkungen und Einsichten.

Zwei mächtige Salven von Toilettenpapierrollen flogen Sekunden vor dem geplanten Anpfiff zur zweiten Halbzeit der Begegnung FSV Mainz 05 - SC Freiburg (2:0) am vergangenen Montagabend aus dem Fanblock der Gastgeber. Eine große Schar von Ordnungspersonal war auf die Aufräumarbeiten vorbereitet; der Anpfiff verzögerte sich um wenige Minuten.

Es war die fünfte Protestaktion beim fünften und letzten Montagsspiel dieser Bundesligasaison. Sie verpuffte ziemlich an diesem Abend, der von einem ganz anderen Ereignis geprägt war. Von der Elfmeterentscheidung in der Halbzeitpause durch Schiedsrichter Guido Winkmann nach Eingriff des Video-Assistenten in Köln. Auch das war ein Novum in der Geschichte der Bundesliga - wie eben auch die Einführung der insgesamt fünf Spiele am Montagabend seit Beginn dieser Saison.

Die Demonstrationen gegen die Spiele am Montagabend haben neben den Protesten und Debatten um eine Reform der 50+1-Regel diese Saison stärker geprägt als die Diskussion um das sportliche Niveau der Bundesliga, deren Vertreter in den europäischen Wettbewerben erneut ein vorwiegend jämmerliches Bild abgegeben haben; abgesehen - wie seit Jahren - vom Rekordmeister FC Bayern München.

Eingeführt wurden die fünf Spiele am Montag mit einem einstimmigen Votum aller 36 Profiklubs und dem Ziel, den Teilnehmern an der Europa League nach deren Spielen am Donnerstagabend eine größere Verschnaufpause zu gönnen. Ausgelöst durch die immer wiederkehrenden Aufschreie von Vereinen, Trainern, Spielern und auch Fans, wenn ein Verein im ungünstigsten Fall schon etwa 41 Stunden nach Abpfiff eines Spiels in der Europa League und 30 Stunden nach der Rückkehr aus einem anderen Land am Samstag in der Bundesliga ranmusste. Trainer und Mediziner waren sich einig, dass die Spieler eine längere Erholungsphase bekommen müssen. Doch diese Argumente gingen unter in der Diskussion um den Montag, der unbestritten vornehmlich den Fans der Gastmannschaften schwerlich zumutbar ist.

Was haben die Proteste bewirkt?
Zunächst einmal geringere Zuschauerzahlen. Besonders in Dortmund, wo die Fans auf der Südtribüne das Spiel gegen Augsburg am 24. Spieltag nahezu geschlossen bestreiken. 54 300 Zuschauer kamen in den Signal-Iduna-Park; 81 360 waren es in der vergangenen Saison an einem Dienstagabend.gegen denselben Gegner. Bei den anderen vier Montagsspielen waren diese Auswirkungen geringer.

45 100 Zuschauer besuchten am 23. Spieltag die Partie Eintracht Frankfurt - RB Leipzig, 51 000 waren es an einem Samstag in der Saison 2016/17. Bei Werder Bremen gegen den 1. FC Köln am 26. Spieltag kamen mit 41 100 Zuschauern knapp 1000 Fans weniger gegenüber dem Samstagsspiel in der vergangenen Saison, bei RB Leipzig - Bayer Leverkusen am 29. Spieltag fiel die Kulisse mit 35 617 Zuschauern um knapp 7000 Fans kleiner aus als an einem Samstag in der zurückliegenden Saison. Und in Mainz war es praktisch ein Nullsummenspiel. 26 407 Zuschauer am vergangenen Montag - 166 Fans weniger gegenüber dem Samstagsspiel in der vergangenen Saison.

Finanziell sind die Einnahmeverluste durch kleinere Kulissen am Montagabend bei den Milliardenumsätzen der Liga eine zu vernachlässigende Größe. Und von Sponsoren, die bei den Übertragungen der Montagsspiele auf kürzere Reichweiten bei den Livesendungen (Eurosport Player) und den Zusammenfassungen (Nitro 22.15 Uhr im Free-TV, Sky 22.30 Uhr im Pay-TV) verweisen könnten, folgten keine Proteststürme.

Ein peinliches Bild in dem Kulturstreit gaben in diesem Frühjahr einige Führungskräfte der Vereine ab. Unter dem Druck der Fans forderten sie sogar den Bruch des wichtigsten Grundsatzes des öffentlichen und privaten Vertragsrechts, der aus dem römischen Recht - "Pacta sunt servanda" (Verträge sind einzuhalten) - bis heute Gültigkeit hat. Und neben dem populistischen Aufruf zum Vertragsbruch bewiesen andere Protagonisten hohe Unkenntnis in puncto Rahmenterminkalender.

Das lässt sich aus der turbulenten Mitgliederversammlung der Liga am 22. März im Frankfurt Airport Hotel ableiten. Dort wurde die Forderung erhoben, einige der insgesamt fünf Montagsspiele schon in den ersten Wochen der Saison 2018/19 anzusetzen. Ein Blick in die internationalen und nationalen Rahmenterminkalender zeigt, dass frühestens im November Bundesligaspiele am Montag stattfinden können. Bis dahin sind die Termine geblockt durch von der FIFA vorgegebene Abstellungsphasen, durch Länderspiele, Spiele in der Champions League, der Europa League, im DFB-Pokal und eine englische Woche mit einem Bundesligaspieltag am Dienstag und Mittwoch.

Als sich die Spitzenkräfte der Liga dann auf einer eigens für die 18 Bundesligaklubs anberaumten Tagung am 6. April erneut in Frankfurt am Main zusammenfanden, waren alle wenigstens in diesem Punkt auf einem Wissensstand. Seit diesem Tag ist ein Vertragsbruch kein Thema mehr. Auch in den kommenden drei Spielzeiten bis zum Abpfiff der Saison 2020/21 werden fünf der insgesamt jeweils 306 Bundesligaspiele an einem Montag stattfinden. Vornehmlich unter Mitwirkung von Teilnehmern an der Europa League. Das allerdings wird nur möglich sein, wenn die Bundesligavertreter in diesem Wettbewerb nicht abermals frühzeitig auf der Strecke bleiben.

Im Verlauf des Jahres 2019 werden die Bundesligaklubs im Zusammenhang mit der nächsten Ausschreibung zur Vergabe der Medienrechte ab der Saison 2021/22 erneut über mögliche Spielansetzungen an einem Montag abstimmen. Nach der Protestwelle im Frühjahr 2018 steht schon heute fest, dass in die nächste Ausschreibung maximal fünf Montagsspiele aufgenommen werden. Es können auch weniger sein, und ebenso kann der Montag wieder komplett gestrichen werden. Vielleicht überlegen sich die Klubbosse bis dahin, wofür sie sind. Damit sie hinterher nicht wieder über ihre eigene Entscheidung jammern wie in den zurückliegenden Wochen